24. März 2022
Beim Spazierengehen den Himmel betrachten oder die Bäume am Wegesrand: Für Willi Kahlfeld war es über Jahre hinweg unmöglich. Der ansonsten vitale 80-Jährige litt an einer derart starken Verkrümmung der Halswirbelsäule, dass sein Sichtfeld auf nur noch zwei Meter eingeschränkt war. „Ich konnte nur nach unten blicken, auf das Straßenpflaster“, berichtet er. „Jede Laterne war ein Hindernis.“ Dazu kamen ständige, von der Halswirbelsäule ausgehende Schmerzen, jede Kopfbewegung war eine Qual. Ursache: Morbus Bechterew, auch Bambuswirbelsäule genannt, eine chronisch entzündliche, rheumatische Erkrankung. „Ich bin jahrelang vergeblich von Arzt zu Arzt zu Krankenhaus gepilgert.“
Doch Kahlfeld, der auf ein ebenso bewegtes wie erfolgreiches, unternehmerisches Leben zurückblickt, wollte sich nicht abfinden mit der Erkrankung, die zwar als nicht heilbar, jedoch therapierbar gilt. Nach einer wahren Odyssee erhielt er eines Tages den alles verändernden Tipp: „Meine Ärztin Dr. Susanne Werner aus Bad Nenndorf sagte: Wenden Sie sich an einen Spezialisten namens Dr. Goll in Bad Pyrmont. Dafür bin ich ihr noch heute dankbar.“
Zeit auf Augenhöhe ist die wichtigste Voraussetzung
„Das ist jemand, der sich nicht unterkriegen lässt.“ Dr. Thomas Goll, Facharzt für Neurochirurgie und Spezielle Schmerztherapie in der Praxis für Neurochirurgie des AGAPLESION MEDIZINISCHEN VERSORGUNGSZENTRUM BAD PYRMONT, erinnert sich gut an seine erste Begegnung mit Willi Kahlfeld. Goll, einer der wenigen Spezialisten, die neurochirurgische und schmerztherapeutische Kompetenz verbinden, behandelt Krankheitsbilder wie Rücken-, Arm- und Beinschmerzen, Gefühlsstörungen, Schwindel und ganz allgemein Nervenleiden. Wer mit ihm spricht, spürt schnell, wie wichtig ihm jede:r einzelne seiner Patient:innen ist. „Ich schreite zum Äußersten und berühre die Menschen, sowohl im konkreten als auch abstrakten Sinne“, erklärt der Mediziner lächelnd und fügt hinzu: „Für eine erfolgreiche schmerztherapeutische Behandlung ist Zeit die wichtigste Voraussetzung, Zeit für eine zielführende Diagnostik und auf Augenhöhe individuell mit den Menschen abgestimmte Therapie.“
Therapieansatz Verödung
Zeit, die sich Dr. Goll auch für Willi Kahlfeld nahm. Ein möglicher schmerztherapeutischer Ansatz beim Morbus Bechterew ist die Verödung, auch Denervierung genannt „Dabei werden Nerven, die von der Wirbelsäule ausgehende Schmerzsignale transportieren zuerst betäubt und dann unterbrochen“, so Dr. Goll. „Dieser Prozess ist unumkehrbar. Deshalb muss der Punkt, an dem wir den Eingriff erfolgversprechend und möglichst risikofrei vornehmen, exakt herausgearbeitet werden.“ Röntgenaufnahmen und Schichtbildverfahren wie CT oder MRT sind nur ein Teil des Diagnoseverfahrens, doch am wichtigsten ist die gute Zusammenarbeit mit den Patient:innen. Bei Willi Kahlfeld untersuchte Dr. Goll die Beweglichkeit der Halswirbelsäule, ebenso Gangbild, Reflexe, sensible und motorische Defizite. „Wir verlassen uns nicht alleine auf bildgebende Verfahren, da diese nicht immer ausreichend aussagekräftig sind und oftmals auch gar nicht die Wirklichkeit der Patient:innen zu 100% abbilden“, so der Arzt. „Im Falle von Herrn Kahlfeld konnten wir einen Zielpunkt zwischen dem dritten und vierten Halswirbelkörper definieren, der sehr gute Voraussetzungen für eine erfolgreiche Verödung bot.“ Der eigentliche Eingriff dauerte nur eine gute Viertelstunde und fand unter lokaler Betäubung statt. Bedeutet: Die Patient:innen bekommen zwar ein Lokalanästhetikum, sind aber bei Bewusstsein. „Das klingt dramatischer, als es ist“, sagt der erfahrene Chirurg, der gleichzeitig betont, wie wichtig die Mitarbeit der Betroffenen auch während des Eingriffs ist. „Zielpunkt der Verödung sind genau die Nerven, die den Schmerz übertragen, weil das im Körper die dünnen Zysten sind. Das ist oft eine Millimeterfrage.“ Während des Eingriffs wird eine kleine Hochfrequenznadel eingesetzt. Dabei führt der Operierende sensorische und motorische Stimulationstests durch, um sicherzustellen, dass die Nadel nicht ungewollt in die Nähe anderer Nerven gesetzt wird. Die Patient:innen spüren ein leichtes Kribbeln, vielleicht teilweise wieder den typischen Schmerz. Dann wird an einer oder mehreren Stellen, die so herausgearbeitet wurden, die Verödungsbehandlung für jeweils zwei Minuten durchgeführt.
Wiedergeburt
Als Routinier auf diesem Gebiet führt Goll etwa 300 Eingriffe dieser Art jedes Jahr durch, den überwiegenden Anteil an der Wirbelsäule: „Eine sorgfältige Diagnose vorausgesetzt, können wir mit dieser Methode die Schmerzen in den meisten Fällen längerfristig ausschalten.“ Auch das Ergebnis bei Willi Kahlfeld war erfreulich: „Herr Kahlfeld ist nach der OP aufgestanden und hat gesagt, mir geht es gut“, berichtet Dr. Goll auch geraume Zeit nach dem Eingriff noch beeindruckt. Üblicherweise kann es schon einmal drei bis vier Wochen dauern, bis sich die positiven Effekte zeigen, dann erfolgt eine standardisierte Nachuntersuchung und -Behandlung. Bei Willi Kahlfeld hatte sich bereits auf dem Nachhauseweg von dem ambulanten Eingriff der Blickbereich von zwei auf zwanzig Meter erweitert. „Es war ein 4. Mai und wie eine Wiedergeburt“, sagt er heute glücklich und blickt in den Himmel.
Hier erfahren Sie mehr über unsere Praxis für Neurochirurgie.